Dialog zur Zukunft der sozialen Arbeit  

Austausch und zukünftige Entwicklungen in der sozialen Arbeit, speziell in der Behindertenhilfe, standen im Mittelpunkt eines Besuchs des Vorstands des Paritätischen Baden-Württemberg, Ulf Hartmann, beim Verein Leben mit Behinderung Ortenau (LmBO). Zu diesem Gespräch hatten die beiden Vorstände des Vereins, Joachim Haas und Wolfgang Dürr, auch Ingrid Oswald, Leiterin des Amts für Soziales und Versorgung im Landratsamt Ortenaukreis, eingeladen. Schließlich werden etwa 80 % aller sozialen Angebote von kommunalen Kostenträgern finanziert und von Leistungserbringern vor Ort realisiert. „Immer mehr Leistungen werden auf die Kommunen verlagert, aber die finanziellen Mittel werden nicht bereitgestellt“ fasste Ulf Hartmann die aktuelle Lage zusammen.

Im Zentrum stand deshalb die Frage, wie vor dem Hintergrund solcher Entwicklungen die Sicherung sozialer Arbeit gelingen kann. „Im Ortenaukreis erhalten etwa 3.600 Menschen mit Behinderung im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes Leistungen“ erläuterte Ingrid Oswald und bezifferte den aktuellen Aufwand aller sozialen Leistungen auf über 220 Mio. Euro, Tendenz steigend. Gleichzeitig steht die Eingliederungshilfe vor vielen ungelösten Problemen, etwa bei der Versorgung von Menschen mit hohem Assistenzbedarf oder herausfordernden Verhaltensweisen. Dies unterstrich auch Joachim Haas und erläuterte am Beispiel der Kurzzeitbetreuung für Menschen mit schwersten Behinderungen, wie sehr der Bedarf an Kurzzeitplätzen und das tatsächlich existierende Platzangebot in Baden-Württemberg auseinander liegen. Der Verein unterhält in Gamshurst eine von insgesamt vier Einrichtungen in Baden-Württemberg. Aufgrund der hohen Kosten dieser Betreuungsform sind die Angebote oft nicht ausreichend gegenfinanziert, auch der Verein erhält dieses Angebot mit hohem Einsatz eigener Mittel aufrecht. Anfragen nach Plätzen aus ganz Baden-Württemberg und zum Teil auch darüber hinaus zeigen, wie groß die Not vieler Familien ist und wie wichtig das Angebot von Kurzzeitplätzen ist, um Familien wenigstens kurze Verschnaufpausen in ihrer großen Betreuungsverantwortung zu ermöglichen. Hier müssten die Landkreise mehr in die Pflicht genommen werden, aber auch mehr finanzielle Unterstützung des Landes erhalten. „Das Land lässt die Kreise finanziell oft im Stich, und das bereitet uns Sorge“ resümiert Haas.

Der Landesverband des Paritätischen sucht deshalb als Vertretung seiner Mitgliedsorganisationen immer wieder das Gespräch mit der Landespolitik, denn die zahlreichen Angebote der sozialen Dienstleister erreichen eine Vielzahl von Menschen und entfalten große Wirkung in der Gesellschaft. Ihnen kommt damit eine große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu und große Verantwortung. Vorausschauende gemeinsame Planungen aller Beteiligten sind deshalb für Hartmann von hoher Relevanz. „Wir haben ja kein Erkenntnisproblem. Aber wir brauchen einen neuen Blick auf die Systeme“, so seine Forderung, „schließlich haushalten wir mit endlichen Mitteln und es zeichnet sich ab, dass die Probleme wachsen.“ Für Vereinsvorstand Wolfgang Dürr bedeutet dies, dass es keine soziale Polarisierung geben darf. „Wir sollten es tunlichst vermeiden, die verschiedenen sozialen Bereiche gegeneinander auszuspielen“. Dies unterstreiche die Wichtigkeit einer vorausschauenden Sozialplanung. Auch deshalb sei das Landratsamt als verlässlicher Ansprechpartner und Leistungsträger von großer Bedeutung. „Auch für das Landratsamt ist der Verein ein sehr verlässlicher Partner“, unterstrich Oswald. Beide Seiten betonen die gute und kooperative Zusammenarbeit, die aber, laut Hartmann, auf Landesebene eher eine löbliche Ausnahme darstelle.

Ulf Hartmann war zum Ende seines Besuchs überzeugt: „Wenn die Zusammenarbeit und Kooperation von Politik, Leistungsträgern und Leistungserbringern so positiv gelingen wie im Ortenaukreis, dann blicke ich mit einem guten Gefühl auf die herausfordernden Zeiten, denen die soziale Arbeit entgegenblickt.“

Foto: Die Vorstände des Verein Leben mit Behinderung Ortenau Wolfgang Dürr (links im Bild) und Joachim Haas (rechts) besprachen bei einem Besuch des Vorstandes des Paritätischen Baden-Württemberg, Ulf Hartmann (2. v. li.), gemeinsam mit Ingrid Oswald, Leiterin des Amts Soziales und Versorgung im Ortenaukreis, die gesellschaftliche Bedeutung und die Zukunft der sozialen Arbeit.

 
 
 

 

 

Foto: Die Vorstände des Verein Leben mit Behinderung Ortenau Wolfgang Dürr (links im Bild) und Joachim Haas (rechts) besprachen bei einem Besuch des Vorstandes des Paritätischen Baden-Württemberg, Ulf Hartmann (2. v. li.), gemeinsam mit Ingrid Oswald, Leiterin des Amts Soziales und Versorgung im Ortenaukreis, die gesellschaftliche Bedeutung und die Zukunft der sozialen Arbeit.

zurück zur Übersicht

Top