CoverUp! Autistic Groove Connection
„Ich hab´ ne Kurbel im Kopf“ – das ist die Selbstbeschreibung eines jungen Mannes im Autismus-Spektrum. So oder ähnlich fühlen sich manchmal auch Nico, Damian und Lukas, die ihre Umwelt im Autismus-Spektrum wahrnehmen. Das ist nicht immer einfach, und deshalb werden sie schon seit ihrer Kindheit therapeutisch begleitet.
In der Autismus Kompetenz in Offenburg, einem ambulant-therapeutischen Angebot des Vereins Leben mit Behinderung Ortenau startete Frank Brüderle gemeinsam mit den jungen Autisten vor etwa drei Jahren ein musikalisches Projekt. „Das erste Mal haben Damian und ich uns bei einem Sommerferienprogramm gesehen und haben uns sofort verstanden“ erzählt Nico, der sehr offen über sich und seinen Autismus sprechen kann. Ganz anders als Damian, für den schon seit der Grundschulzeit klar war: „Ich denke ein bisschen anders als andere Menschen.“ Schon der Weg zur Probe kann eine Herausforderung sein, weiß Lukas, der mittlerweile als Student eine weite Anreise zur Probe hat: „Ich bin mittlerweile entspannter, also sicherer.“ Dank der Therapie kann er seine Wege mittlerweile allein bewältigen.
Der Diplom-Sozialpädagoge Frank Brüderle hat das Projekt initiiert, weil er wusste, dass alle Jungs ein Instrument lernen oder gerne singen und startete den Versuchsballon mit dem gruppentherapeutischen Projekt. „Es ist faszinierend, welche Entwicklungsschritte die drei Jungs vollzogen haben. Zunächst haben wir zueinandergefunden und die ersten Lieder einstudiert. Im nächsten Schritt haben wir vor leeren Stühle gespielt, um uns an das Spielen vor Publikum zu gewöhnen. Als das klappte, haben wir die Eltern zur Probe eingeladen und schließlich die bisher größte Herausforderung geschafft und im Januar auf einem Konzert als Vorband gespielt“, fasst Brüderle die Erfolgserlebnisse zusammen.
„CoverUp! Autistic Groove Connection“ lautet der Name der Band. Und es groovt ordentlich, wenn sie loslegen. Ob sie nun Bob Dylans Klassiker „Knockin´on Heaven´s Door“ oder „Komet“ von Apache 207 spielen, sie finden ihren Rhythmus und der Funke springt über. All das klingt schon richtig professionell und macht Lust auf mehr. Man spürt den Stolz der Jungs auf ihre musikalischen Talente und dass sie es gelernt haben, mit ihren persönlichen Herausforderungen umzugehen. „Beim ersten Lied ist es Herzrasen, aber dann läuft es. Das ist wie eine Achterbahnfahrt: Am Anfang möchte man nicht rein und dann möchte man nochmal“ schildert Damian seine Erfahrungen. Lukas sucht sich einen ruhigen Punkt und blendet Geräusche, die ihn stressen, einfach aus. Aber sobald sie gemeinsam spielen, sind sie voll in ihrem Element.
Der Alltag ist nicht einfach und das Unverständnis für ihre Situation ist immer noch groß, das spüren alle drei. Ablehnung oder Spott verletzen und sie ziehen sich dann aus der Gruppe, die sie stresst, zurück. Oft sind sie froh, wenn sie zuhause in ihrer geschützten Umgebung sind. In der Band fühlen sie sich ´connected´, im Sinne ihres Bandnamens. Das hilft ihnen im Umgang mit belastenden Situationen.
Die Gruppe ist mittlerweile offen für neue Mitglieder, solange diese sowohl menschlich als auch musikalisch gut passen. Sie planen, ihr Repertoire zu vergrößern und weiterhin gemeinsam Musik zu machen. Trotz Herausforderungen spüren die Drei und das Therapeutenteam eine starke Verbindung untereinander. Musik ist für sie nicht nur ein Hobby, sondern auch eine Möglichkeit, sich auszudrücken und Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Und in Zukunft, was ist das Ziel? Wo wollen sie hin? „Hoch hinaus“, kommt die spontane Antwort eines strahlenden Nicos, „Durch die Decke. Durch die Decke gehen“.